Die Familien der Roma wurden zwischen den Fürtstentümern, den Großgrundbesitzern und den Kirchen in gesamten Balkangebiet – Griechenland, Makedonien, Rumänien, Transsylvanien, Moldawien, Serbien und der Wallachei – aufgeteilt. Jeder, der Land besaß, hatte auch Roma-Sklaven. So kamen Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts geflohene Roma-Sklaven nach Mitteleuropa, wenn man so will, die ersten Asylbewerber, die aus Osteuropa in den Westen flüchteten. Schon damals begegnete man ihnen mit Misstrauen. Sie wurden zum Freiwild erklärt.: In Dekreten rief man die Bevöllkerung dazu auf, sie zu jagen und zu töten. Jahrhundertelang wurden sie zur Flucht getrieben, zur Fluchtwanderung.Man verweigerte ihnen das Niederlassungsrecht und erlaubte ihnen nicht, regelmäßigen beruflichen Tätigkeiten nachzugehen. So entstand das Klischee vom „Wandervolk“, das in Wirklichkeit ein Mythos ist. Denn es waren nicht die Roma, die eine Tradition des Unherziehens mitbrachten, vielmehr waren es die ansässige Bevölkerung und die Behörden, die sie immer wieder zur Flucht trieben.
Zwischen Vertreibung und „Sesshaftmachung“
Trotz intensiver Verfolgungen blieben kleine Gruppen von Flüchtlingen in den einzelnen Regionen Westeuropas. Da sie an vielen Orten nicht aufgenommen wurden, aber über keinen anderen Zufluchtsort verrügten, mussten sich viele in den Wäldern verstecken und als reisende Händler und Handwerker ihr Brot verdienen. So wurden die Zufluchtsgebiete für die einzelnen Gruppen im Laufe der, Zeit doch zur Heimat, es bildeten sich verschiedene Bevölkerungen von Nachfahren geflohener Roma-Sklaven in den einzelnen Ländern und Regionen Europas, wie die „Manush“ in Frankreich, die „Gitanos“ in Spanien oder die „Sinti“ in den deutschsprachigen Ländern.
Die Politik der Regierungen ihnen gegenüber blieb lange von Widersprüchlichkeiten geprägt: Auf der einen Seite gab es immer wieder Erlasse, die den Sinti und den anderen Gruppen den Zuzug in Städte und Gemeinden verboten. Auf der anderen Seite kritisierten die Behörden die „nomadisierende Lebensweise“, zu der diese Erlasse die ganze Volksgruppe erst, zwangen, und riefen dazu auf, die „Zigeuner sesshaft zu machen“. Zu den berüchtigten Maßnahmen gehörten die Verordnungen der Kaiserin Maria Theresia von Österreich und Ungarn in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Für die Kaiserin bedeutete „Sesshaftmachung“ nicht allein die Gewährung eines Niederlassungsrechts. Sie verbot den Roma in Ungarn, ihre Sprache zu sprechen, erlaubte nur wenige Eheschließungen unter Roma und befahl, Romakinder zwangsweise von ihren Eltern zu trennen, um sie ungarischen Eltern zur Adoption zu geben.Ziel dieser Maßnahmen war es, die Roma als eigenständige Gruppe zwangsweise zu assimilieren.In vielen Regionen Deutschlands wurde Maria Theresias „Zigeunerpolitik“ im 18. und im 19. Jahrhundert kopiert. Für die Roma bedeutete dies, dass jeder Niederlassungsversuch nunmehr mit der Gefahr verbunden war, sich von ihren Kindern trennen zu müssen, ihre Sprache und Fanlilienstrukturen aufgeben zu müssen.Die Nachfahren derjenigen, die vor der Leibeigenschaft geflüchtet waren, fanden keine Ruhe.
Das Wort Zigeuner ist eine altürkische Bezeichnung „tschigan“:“Arme Leute“, „Habenichts“. Daraus wurde in den europäischen Sprachen „Tsigan“, auf Deutsch: „Zigeuner“